1934-2023
Organist und Dozent für Musiktheorie, Schüler von Maurice Duruflé, Paris - Ehrenvorsitzender ZeM e.V.
www.klaus-weinhold.com
SoundCloud (SoundSynth experimentell)
SoundCloud (OrgelSynth experimentell)
YouTube
YouTube (Soundprozesse)
2023
Die Stücke auf der vorliegenden CD, entstanden im letzten Lebensjahr, bilden den Abschluss eines Weges von der Klassik zur elektronischen Klangkunst. In der elektronischen Klangkunst geht es nicht darum, mit elektronischen Mitteln Musik wie bisher zu erzeugen, vielmehr sollen die neuen Möglichkeiten der Klangerzeugung und Klanggestaltung Bereiche erschließen, die mit den klassischen Mitteln nicht möglich sind und die das klassische Denken aus seinem System ausgeschlossen hat. Diese neuartige Musik ist nicht exklusiv wie die klassische, sondern inklusiv. Sie erfordert deshalb nicht nur eine Umgewöhnung des musikalischen Denkens, andere Maßstäbe der Bewertung, sondern auch ein anderes Hören, ein Offensein für die Vielfalt akustischer Ereignisse, d.h. eine andere Ästhetik.
CD-Produktion:
©Studio für Soundprozesse Freiburg 2023
www.klaus-weinhold.com
Alle Rechte vorbehalten
Klänge zum Abschied und letzte Studioproduktionen
2023
Abschied
Die vorliegende CD enthält Produktionen Elektronischer Musik von Klaus Weinhold, die bei seinem Abschied gespielt wurden und Studioproduktionen aus dem letzten Lebensjahr, entstanden im Bewusstsein, dass,,eigentlich alles gemacht ist", dass es an der Zeit ist, sich zurückzuziehen und Abschied zu nehmen. Bis zu seinem Lebensende aber blieb die Faszination der Elektronischen Musik, die für ihn nicht nur ein sinnliches Erlebnis war sondern auch eine Möglichkeit, die Natur in ihrer Komplexität und Vielfalt zu erkennen und diese Erkenntnis in die künstlerische Arbeit zu übertragen. Mit seinen Worten:
,,Die Elektronische Musik lässt erkennen, was die Natur an klanglichen Höhen und Tiefen, an Weichheit und Schrille, an Einfachheit und Komplexität der Welt und den Menschen zu bieten hat. Sie führt den Menschen in ihrer Neuartigkeit, in ihrer Sanftheit und Schrillheit zurück zum bloßen Hören, zum Experimentieren und zur Unbegrenztheit der klanglichen Welt, die durch die Geschichte auf das Diktat der klassischen Tonsprache zurückgestutzt wurde, so wie viele andere Ereignisse unserer Kultur die Natur vergewaltigt und zerstört haben."
Gerda Schneider
Januar 2023
Recording auf Tascam DA 38
Klänge zum Abschied
1. Freie Orgel-Improvisation - 02:53
2. Soundablauf "sind nomine2" - 02:29
3. Bewegte Klangflächen "Soundkaskaden" - 02:42
Letzte Studioproduktionen
4. Klänge 1 - 16:43
5. Klänge 2 - 08:40
6. Soundketten - 11:27
7. Pointillistische Orgel-Improvisation - 10:03
CD-Produktion:
©Studio für Soundprozesse Freiburg 2023
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Alle Rechte vorbehalten
Digitale Studioproduktionen mit Kommentar
2021
Retrospektiven 5
Nach einem Anhören dieser CDs entwickelt sich folgende Reflexion des Autors: In unserer Kultur gibt es zwei Möglichkeiten der Kommentierung von Gegenständen, sie zu bezeichnen oder sie in ein Bezeichnungssystem zu transferieren, das sich Sprache nennt. Diese sprachlichen Kommentare mögen sehr aufschlussreich sein, im Grunde genommen sind sie, und das trifft besonders für Kommentierungen akustischer Ereignisse zu, eine völlig unangemessene Reduktion des Gegebenen. Dennoch, man kann versuchen, hier Erklärungen zu geben, vielleicht sind diese sogar mit Erklärungen klassischer Ereignisse, also hier von Musikwerken, vergleichbar. Was beschreibt ein Kommentar eines beethovenschen Werkes? Den Namen, die Entstehungszeit, den Verleger, den Erfolg und vielleicht sogar den politischen Hintergrund. Die Erklärungen bewegen sich in einem bekannten System: Bewertung, Eindruck auf den Hörer, geschichtliche Wirksamkeit, Erkenntnis bestimmter, inzwischen gegebener Assoziationen, z.B. Es-Dur: triumphal, c-Moll: Schicksal. Für Bach ist es ähnlich, die chromatische Tonfolge, z.B. C-H-B-A-Gis usw. weist auf die sündige Natur des Menschen hin, die durch das strahlende D-Dur erlöst wird.
Wo sind bei den hier vorgeführten elektronischen Produktionen solche Assoziationen und damit Explikationen überhaupt möglich? Man spürt sofort beim Hören, dass hier eine andere musikalische Welt sich zeigt und vom Produzenten hervorgeholt wird. Es entsteht da der Gegensatz zwischen dem Ausgangspunkt Subjekt, der in der abendländischen Geschichte zum Anthropomorphismus geführt hat, der den Menschen als Zentrum einer sich so nennenden Schöpfung mit metaphysischem Ausgangspunkt sieht, den die Menschheit immer mit einem Begriff wie Gott oder Schöpfer belegt hat, und einer völligen Reversion dieser Werte.
In diesen CDs hört man Klänge, die ausschließlich von gegebenen Objekten ausgehen. Diese Objekte sind gar nicht einmal unbedingt gegeben, sie sind potentiell, d.h. sie sind Möglichkeiten, die man aus dieser objektiven Welt hervorholen kann und die als Möglichkeiten unendlich sind. Es fehlt ein klarer Begriff für diese unendlichen Möglichkeiten, die immer auch anders sein können. Dafür bietet sich vielleicht auch sehr angemessen nicht etwa der Begriff Chaos an sondern der Begriff Kontingenz, was u.a. heißt, es muss nicht so sein oder es ist woanders genauso. Eine gewisse Ununterscheidbarkeit der Dinge stellt sich dar und steht damit im Widerspruch zur eindeutigen Begriffsbildung der Sprache.
Man wird beim Hören doch nicht ganz den Gedanken zur Tradition der klassischen Musik und Kultur verdrängen können. Die klassische abendländische Musikkultur beruht fast ausschließlich seit 2000 Jahren auf dem Begriff der Harmonie. Es ist zu einfach nur zu sagen, Harmonie ist Wohlklang. Harmonie bedeutet Ordnung und Beurteilung und auch Schöpfung dieser Ordnung. Jede Schöpfung, auch visuelle geht von grundlegenden Prämissen aus, und diese sind unter dem Begriff Harmonie zu erklären. Nur: Diese Harmonie erscheint in der Natur, also im Kontingenten manchmal. Der Mensch hat sie verabsolutiert, er hat in der Musik großartige Gebilde geschaffen: die Diatonik, die 12 Töne, die Pentatonik, alles einsehbare und durchschaubare, voll überzeugende Systeme. Die Perfektion der C-Dur-Tonleiter, die jedes Kind relativ schnell nachsingen kann, mit einer perfekten Ordnung von Ganz- und Halbtönen, ist ein Beispiel.
Das was hier in Kürze beschrieben worden ist, quasi einmal zu. Im Übrigen herrscht hier eine multiple, unendliche Dysharmonie, die sich aus sich selbst heraus gestaltet und die damit unbeschreibbar ist. Diese Klangabläufe, so kann man sie bezeichnen, sind unbenennbar, sprachlich nicht fassbar, sie wenden sich ausschließlich an ein sehr wichtiges Organ des menschlichen Lebens, die Sensitivität, die man natürlich durch den Intellekt ergänzen kann. Hinzu kommt, dass die Möglichkeit der Klänge die Unendlichkeit zeigt. Die Endlichkeit ist beschreibbar, die Unendlichkeit niemals.
Und so kann der Autor dieses Artikels von sich sagen, dass er beim Hören dieser Retrospektive nicht etwa sich im Hintergrund loben wollte, sondern nur erstaunt war über das, was in der Unendlichkeit vielleicht sogar an Endlichem verborgen ist. In dieser Klangwelt ist die geordnete Welt des Pythagoras und der Griechen und der Gläubigen total überschritten. Es mag sein, dass dieses neue sinnliche Angebot sicherlich weder zum Lobe Gottes noch zur Rekreation des Gemütes beiträgt. Ob sich in dieser Musik so etwas wie das friedliche Gesicht eines Buddha zeigt oder die Fratze eines Dämons, bleibt offen, beides kann man in tibetanischen Klöstern besichtigen. Es bleibt also ein gewisser Dualismus erhalten, der die klassische Musik eindeutig zum Humanen, auch Intellektuellen, Beschreibbaren verschoben hat, und der neuen Klangwelt, in der das Unbeschreibliche mit dem französischem Wort „ineffable“ bezeichnet werden kann. So bleibt die Unaussprechlichkeit der endlosen Abläufe, die vielleicht sogar auf das Geheimnis des Kontingenten hinweisen.
April 2021
Klaus Weinhold
Recording auf Tascam DA 38 / 88 und DAT
CD 1
1. Singuläres Soundambiente 39:46
Eilende und stehende Klänge
2. Soundsymphonie 34:08
Klänge und Stille in endloser Weite
CD 2
1. Klangereignisse 28:25
2. Artifizielle Klangereignisse 39:54
mit Bach und Schubert
CD-Produktion:
©Studio für Soundprozesse Freiburg 2021
www.klaus-weinhold.com
Alle Rechte vorbehalten
2012
Retrospektiven der Sounds (1)
Beim Hören dieser nach vielen Arbeitsgängen produzierten CD stellen sich selbst für den Produzenten fast unbeantwortbare Fragen. Da es sich hier offensichtlich nicht um im engeren Sinne Musik handelt, für die es - mindestens im Abendland - ein Beschreibungssystem gibt, stellt sich die Frage eines Beschreibungscodes auf einer sachlichen oder auf einer rezipierenden Ebene. Zumindest sind hier grundlegende Elemente der Musik: der Ton, die Tonhöhen, der Akkord, die Rhythmen kaum mehr zu erkennen und nachzuvollziehen. Statt dieser Elemente neigt man dazu, hier von Klangschichten, deren Überlagerung, Durchdringung, vielleicht sogar gegenseitige Bereicherung und Beeinflussung. In dieses Bild fügt sich nicht so ganz die Nummer 1. Der kenntnisreiche Hörer kennt vielleicht Widors F'Dur-Toccata aus der 5, Orgelsymphonie, Thementeile, merkwürdige Klanglichkeit, so stimmenartige Sounds lassen Teile der Toccata aufklingen, der Gesamtzusammenhang ist jedoch nicht mehr nachzuvollziehen, gestört und erzeugt ein völlig neues Soundbild. Der ursprüngliche Text dieser Toccata lag in gedruckten Noten vor und wurde hier - vereinfacht gesagt - technischen analogen und digitalen Manipulationen unterzogen.
Die anderen Stücke sind, wie schon erwähnt, Überlagerungen von nicht definierbaren, ungewohnten und unbekannten, unbenennbaren, befremdenden Sounds, die kaum mehr an klassische Instrumente erinnern, Beim Hören mögen viele Assoziationen erscheinen, eineindeutige Beziehung zwischen dem Erklingenden und dem Erlebten, Erhörten ist kaum herzustellen. So bleibt als Definition vielleicht nur eine Bezeichnung wie Soundschichtung, Klanglagen, Abfolgen von Soundereignissen, im weitesten Sinne kann man das auch oder sogar als ,,Komposition" bezeichnen.
Klaus Weinhold
In Erinnerung an diese Produktion seien einige Instrumente erwähnt:
- Modularsystem Doepfer A 100
- Modularsystem Roland 100 M
- Kurzweil K-Serie,
gesteuert von Computerprogrammen
In der Reihe "Retrospektiven der Sounds" werden Auszüge aus der Produktion 8-kanaliger Stücke, aufgenommen mit dem DA 38 bzw. DA 88 von Tascam, in Stereo-Abmischung für Audio-CDs zusammengestellt.
2011
Klang und Bild
In dieser vorliegenden CD werden Klangmaterial, Töne, Sprache, Klänge in allen möglichen Beziehungen vorgestellt. Als Einleitung, als Cover erwartet man ein dazu gehöriges Bildmaterial, das in mehr oder weniger direkter oder indirekter Beziehung zu dem akustischen Inhalt der CD steht. Hier ist etwas Besonders gelungen, eine quasi zufällige fotografische Aufnahme, die - wie man bei näherem Beobachten feststellen kann - den gesamten, sagen wir geistigen Hintergrund des klanglichen Materials enthält, Am Tag der Aufführung war eine Bildausstellung über das berühmte Kloster Tennenbach noch geöffnet, Das Bild lässt im Hintergrund Fotos des Klosters erkennen, Es sind dies Reproduktionen des Bauwerks und solche des im Kloster geschriebenen Materials, Der Kirchenbau stellte einen Kosmos der göttlichen Welt dar, die zu besichtigten Gesangsblätter zeigen aktuelle Texte und Melodien von damals: ,,Veni creator, spiritus, Kyrieeleison". Diese beiden Texte und die Architektur des Klosters umfassen die geistige geschlossene Welt der Tennenbacher Mönche: Predigt und Gebet, Darüber und daneben die Welt von heute, für den Menschen konstruierte Treppen, ein Aufzug mit ganz nüchternem Material ohne geistigen, hinweisenden Ausdruck, Ganz im Vordergrund ein Mensch, der moderne akustische Instrumente nicht spielt, sondern bedient.
Der Gegensatz zwischen Tennenbach und dem Rathaus Emmendingen ist gegensätzlich und komplementär: dort die Welt des göttlichen Geistes, hier der Zugritt auf eine diesseitig entzauberte, dem Menschen praktisch entsprechende ,,Technik". Die Klangwelt zu dieser technischen Rathausarchitektur kann natürlich gegensätzlich erlebt werden, wenn etwa ein Chor hier eine Bachkantate sänge. Auf dieser CD jedoch wird die Klangwelt in ihrer modernen, nackten, diesseitsbezüglichen Welt schonungslos vorgeführt. In der Rathausarchitektur und in der technischen Musik ist sicher ein Ideal der Tennenbacher Mönche und des Mittelalters verschwunden: die Schönheit. Dafür ist etwas Neues eingekehrt: die Technik in Architektur und Musik als konsequent diesseitige Wirklichkeit, und mit dieser Realität der Homo faber.
Klaus Weinhold
Die vorliegende CD entstand aus einem unvollkommenen Mitschnitt der Soundperformance im Rathaus Emmendingen am 18. Juni 2011
Studio für Soundprozesse Freiburg
2010
Die Elemente dieser CD sind ein Komponist (Louis Vierne komponierte in Menton
dieses Scherzo in g-moll innerhalb seiner 6. Orgelsymphnoie), ein Instrument (die Orgel der Pariser Notre Dame), und ein in Noten verfügbarer Text. Dieser kann für jeden fähigen Spieler auf allen dafür einigermaßen geeigneten Instrumenten realisiert werden. Der Text ist fixiert, die Instrumente sind auswechselbar. Das Scherzo wurde in den 30er Jahren komponiert, die Orgel der Notre Dame in Paris umgebaut, der Komponist starb einige Jahre nach der Komposition. Ca. 70 Jahre später kann der fixierte Notentext nicht nur – wie oben erwähnt – auf Instrumenten gespielt werden, sondern auch in ein neues Medium, einen Computer überspielt werden. Der Notentext wird digitalisiert und in eine völlig neue Textur übertragen. Statt des Notentextes auf dem Notenpult liegt der Text für uns, ziemlich unverständlich, in digitalisierter Form vor. Statt das Stück mit Händen und Füßen zu spielen, „spielt“ es jetzt der Computer mit einem bestimmten Programm, hier Dr. T´s Level2. So wie man den fixierten Notentext auf den verschiedensten Instrumenten darstellen konnte, so kann hier der Computer den Text „metamorphosieren“. Dies ist hier in vielen Variationen geschehen, der Computer wurde angewiesen, in alle möglichen Formen, Algorithmen genannt, mit dem Text umzugehen. Die Variationen sind teils ähnlich, teils stark verändernd. Und dennoch könnte man behaupten, dass auch eine andere Orgel, den „Algorithmus“ eines Orgelbauers und seiner Zeit darstellt. Inwieweit solche Veränderungen legitim sind, ist einer Diskussion durchaus würdig, hier sind die Möglichkeiten des Computers in Verbindung mit einem neuen Instrument, nämlich Yamaha FSR1R realisiert. Orgeln verfügen über Register (Notre Dame davon 100), die Register des Yamaha-Instrumentes sind ein Vielfaches davon. Speziell ist hier FM-Synthese angewandt, so wie etwa in der Pariser Orgel ein romantisch-orchestraler Algorithmus zur Anwendung kommt.
Klaus Weinhold
Teil 1
Teil 2
Teil 3
Die Musik des Klaus Weinhold findet im Raum statt. Über verteilte Lautsprecher von links, rechts, oben, unten, vorne und hinten kommt Schall zum Hörer. Dieser Schall - und damit der Hörraum - ist also nicht eindimensional gerichtet. Die Musik des Klaus Weinhold kennt nicht das perfekte Werk, sondern den Prozess. Über viele Minuten finden Veränderungen statt, das Ende ist offen. Es gibt deshalb auch keine üblichen Werkstitel. Die Audio-CD, 1980 kodifiziert von Sony und Philips, kann weder diesen Raumklang, noch diese offene Form wiedergeben, denn sie ist primär für Unterhaltungsmusik ausgelegt, mit bis zu 99 "Songs". Es wird dafür die volle Mehrwertsteuer erhoben und nicht weniger, wie für Bücher oder Noten. Denn CDs sind offiziell kein Kulturgut.
Soll man also die Musik des Klaus Weinhold in das CD-Format hineinzwingen? Ja, als Ersatz, denn auch e'in Schwarzweißfoto einer Statue ist immer noch besser als 100 Seiten kluger Text darüber. Jeder kann die CD abspielen und sich damit einen behelfsmäßigen Eindruck dieser Musik verschaffen.
2008
Elektronische Musik
ist diese CD betitelt, die Frage ob der Inhalt wirklich „Musik" ist, bleibt sicher unbeantwortet. „Symphonie der Sounds“, ein naheliegender Titel, „syn“ und „phonie“ - Zusammenklang, ein formaler Begriff, der auf den Inhalt - „Phonie / Klang“ - hinweist. So ist die folgende Bezeichnung „Sounds“ eine Tautologie. Bezeichnen „Phonie“ in Verbindung mit „sys“ noch traditionelle, bestimmbare „töne“ und damit Frequenzen, so geht die Bezeichnung „Sounds“, vom lateinischen „sonor“ kommend, weit darüber hinaus. „Symphonie“, hier eine weitreichende Zusammenstellung fast aller möglichen Sounds. Undefiniert, fast unheimlich, nicht vertraut, fremdartig, damit eine Symphonie aber keine Musik. Auf der Rückseite keine bekannten Namen, keine Gesichter, dafür abstrakte Angaben: Master, K2, VSR, DA, Hinweise auf heute verfügbare technische Geräte, die der „Symphonie“ zugrunde liegen. Geräte und Technologie als quasi übermenschliche Herausforderung einer Kunst der Technik und der technischen Möglichkeiten. Eine persönliche „Symphonie“ technologisch-phonetischer Arbeit vieler Jahre.
Klaus Weinhold
Studio für Soundprozesse Feiburg und Emmendingen 2008
2008 - Mini-CD
Elektronische Musik aus eigener Produktion
Bilder geben, versuchen es zumindest, einen begrenzten Ausschnitt, der uns umgebenden komplexen Realität, sie weisen auf diese Unendlichkeit hin und versuchen in ihrer Begrenzung und Beschränkung Erkenntnis und Hinweis zu vermitteln. Das Bild als Abbild der Wirklichkeit, das Abbild als Bild dieser Wirklichkeit. Auf dieser CD werden ähnlich Klangbilder als Ausschnitte längerer Abläufe vorgestellt, sie weisen auf das Umfassende einer möglichen Klangwelt hin, zugleich zeigen sie schon in der Begrenzung, wie weit ausgreifend das Gesamtbild der Soundwirklichkeit sein kann.
Klaus Weinhold
Studio für Soundprozesse
Freiburg und Emmendingen 2008
2007
Vor Ihnen liegt eine Demo-CD, deren abgekürzte Abschnitte auf das vollständige Ausgangsprodukt hinweisen sollen. Es mag sein, dass diese kurzen Demonstrationen eher einer recht vordergründigen Information dienen, als Weg zu einer tieferen Beschäftigung mit dem Vorhandenen, auf das hier hingewiesen wird. Aber es sind auch diese ,,Demos", als kurze Teilbereiche aus einem Ganzen, doch schon ein in sich geschlossenes Ganzes, das wiederum auf ein anderes Ganzes hinweist.
Konkret werden hier persönliche und geschichtliche Informationen gegeben über eine jahrelange umfassende Arbeit mit elektronischem Material. In sich abgeschlossene Abläufe mit bestimmten Instrumenten (K2, A100, MKS) wurden in übergreifende, additive Produktionen überführt. In dieser CD ist geschichtliche Information über die elektronische Musik enthalten, auch die Formen der Speicherung und Produktion sind quasi exemplarisch nach den vorhandenen Möglichkeiten festgehalten. Wegen der Überfülle der zur Verfügung stehenden Instrumente, Arbeitsmethoden und Möglichkeiten der Speicherung muss sich eine detaillierte Beschreibung erübrigen. Fast alle Klänge, die sich in den letzten Jahrzehnten produzieren ließen, sind hier als Teilausschnitte eines Ganzen enthalten.
Klaus Weinhold
ADD/DDD Tontechnik Studio EM 2007
1996
Der Versuch Klangeindruck der Halle, des großen Aufführungsraumes auf Audio - CD zu bannen.
Aufgezeichnet von Martin Czech in der Aula der Pädagogischen Hochschule Freiburg 1996, Gemastert und Gebrannt von Franz M. Löhle im ZeM College Studio, Freiburg
2018
Bach - Mutationen
B - A - C - H → H - C - A - B
Diese CDs mit Werken von J.S. Bach - Wo sind die Notentexte dazu? Sind es Interpretationen, vielleicht neuerer Art, vollkommener, immer perfekter? Oder sogar an die originalen Aufführungen vor 300 Jahren erinnernd?
Zu diesen CDs gibt es keinen Notentext, der für die Originale sogar in Manuskripten vorliegt. Die Texte sind hier in eine andere Welt gerückt, und in einer neuen Weise gelangen hier die Werke zur Aufführung.
In unserem abendländischen Denken gibt es eine Pyramide: Ganz oben ist die Perfektion, die beste Möglichkeit, ja die beste aller musikalischen Welten, die vielleicht sogar Bach angestrebt hat. Notentext, Interpretation, meisterhafte Aufführung - das ist hier in Frage gestellt.
Was ergibt sich, wenn man die Perfektion umkehrt? Die Nicht-Perfektion oder die Variation, Mutation? Die Perfektion ist einmalig, die Variation unendlich.
B - A - C - H → H - C - A - B → H - C - B - A usw.
Zu den CDs:
Die ,,Texte" sind hier nicht perfekt vorgetragen sondern verändert, jeweils Mutationen unterzogen, die kaum genau beschreibbar sind. Die Werke sind eingetaucht worden in eine Art Unterwelt, die keine Perfektion kennt sondern nur die Veränderung und damit natürlich unendlich ist. Das Ganze, um es einfach zu sagen, ist ermöglicht worden durch Überschreiten der traditionellen, auch musikalischen Grenzen von Instrumenten, Fingertechnik, Mechanik usw., transponiert in einen quasi geheimnisvollen unendlichen Raum, der vielleicht ein gewisses Erstaunen hervorruft, der aber vorhanden ist. Es ist der Weg von oben nach unten, von der Perfektion zu stets neuen Möglichkeiten in allen Facetten. Die moderne Technologie (PC, Synthesizer, Software) hat dies ermöglicht.
Klaus Weinhold
Das Wort Orgel leitet sich vom griechischen organon ab, lateinisch instrumentum, deutsch Werkzeug. Im System Orgel repräsentieren sich zwei Klangsysteme: das klassische Tonsystem „Tasten“ und ein klassisches Instrumentensystem „Register“. Damit ist die Orgel in dieser Hinsicht ein integratives und geschlossenes System. Sie ist nun auch zugleich die Repräsentation von nichtnatürlichen Gegebenheiten, von anthropogenen Synthesen. Das klassische Tonsystem synthetisiert aus der Unendlichkeit der Klänge zwölf „Töne“, die Register synthetisieren unterscheidbare Klangphänomene, z.B „Trompete“. Diese Synthesen heben die natürlich gegebene Realität in eine absolute und sekundäre Wirklichkeit, die mit der Realität des Natürlichen in einem Synthesezusammenhang steht. Somit ist die Orgel ein großer Syntheseproduzent, ein erster Synthesizer. Tonsystem und Klänge sind aus der Realität herausgezogen und gewinnen als nunmehr human-geistiges Gebilde eine eigenständige Wirklichkeit.
In den letzten Jahrzehnten hat sich in der Wirklichkeit ein entscheidender Quantensprung vollzogen, nicht nur die Quantenmechanik sondern vor allem die Digitalisierung der Realität ist neue Wirklichkeit geworden. Diese Wirklichkeit kann als zweite Synthese bezeichnet werden. In der Geschichte der Orgel hat diese zweite Wirklichkeit Platz ergriffen, indem mehrere Firmen klassische Orgeln digitalisiert und damit sekundär synthetisiert haben. Diese Digitalisierungen stehen nun dem neuartigen, umfassenden Manipulatordem Computer, zur Verfügung. Die klassische Orgel brauchte Hände und Füße, um geistreich „gespielt“ zu werden, der Computer spielt frei manipulierend in allen möglichen Facetten mit den digitalisierten Orgelklängen. Hierfür liegen bestimmte Programme vor, die man als Algorithmen bezeichnen kann.
Gespielt werden auf den hier vorliegenden CDs, vom Computer gesteuert auch klassische „Werke“, im Computer digitalisiert und den entsprechenden Algorithmen des Computers anvertraut. Die Ergebnisse sind außerordentlich vielfältig und geradezu unendlich. In diesem Fall liegen hier algorithmische Anweisungen eines amerikanischen Software-Programmes (Dr. Tobenfeld Level II für Atari) zu Grunde.
Die klassischen Systeme, das von den Griechen geprägte Tonsystem und das Klangfarbensystem beruhen auf der klassischen Voraussetzung der unbedingten Stabilität des Gegebenen: C ist C, die Trompete ist Trompete. Wie in der modernen Physik verlieren jetzt, im grundlegend Neuen, hier die Objekte ihre dem Menschen zugewandte und erwünschte Eindeutigkeit, sie gehen ineinander über und kombinieren sich stets neu und anders. Die Vorschrift der Registrierung (z.B Plein jeux, Tierce en taille) verliert ihren eindeutigen Bezug. Der Sesquisalter wird Grundregister, der Bordun mutiert zu einem Gezwitscher. Die Integrität der Tonhöhen und Register des Instruments löst sich auf in teilweise nicht mehr definierbare Klangquanten, die ganz verschieden sich zusammenfügen, abstoßen und harmonisieren. Die Integration der Orgel, in der Ch. M. Widor eine Erscheinung der Ewigkeit sah, löst sich auf in ein Klangmosaik, in dem aber der Hörer die ursprüngliche Integration noch erkennen kann, so wie der kunstbeflissene im Mosaik der Kaiserin Theodora in Ravenna noch die Züge dieses Menschen glaubt erkennen zu können.
Diese ganze Produktion ist ein improvisatorischer, unvollkommener Versuch, dem Phänomen Orgel in ihrer Synthetisierung der Realität zu einer neuen Wirklichkeit näher zu kommen und sie mit aktueller Technologie zu erweitern. Die Orgel erlaubt diese Evolution: Gabler schuf seine Vox humana, Aeolian-Skinner die String-sections und jetzt findet die vorläufig letzte technologische Evolution statt: die Digitalisierung der Systeme.
Werkzeuge
Diese sicher experimentellen Metamorphosen bilden quasi den Abschluss eines individuellen Lebenslaufes, der weitestgehend von der Orgel geprägt war. Die Musik, die Literatur (z.B. Bach) waren gegeben, die Orgel, das Werkzeug, organon diente als Interface für musikalische und menschliche Fähigkeiten des Geistes und der Hände und Füße. 60 Jahre später gibt es ein neues Werkzeug, den Computer, den Rechner, der mit den Gegebenheiten: dem klassischen Instrument und der klassischen Literatur (z.B. Mozart) ganz anders umgeht. Beide Werkzeuge verschafften Einblicke in die Potentialitäten des menschlichen Geistes. Hier ist hier die digitalisierte Orgel in verwandelter Form vorhanden, ebenso Ausschnitte aus der klassischen spielbaren Literatur. Traditionell wurde gespielt, interpretiert. Der Computer hingegen rechnet, wertefrei, ohne Geschichte. Seine Ergebnisse kann man sehr interessant finden und akzeptieren oder das genaue Gegenteil. Vorhanden sind beide Werkzeuge, beide organon, die Orgel konkret, handgreiflich, der Computer abstrakt, eine virtuelle Wirklichkeit schaffend.
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CD Produktion:
Studio für Soundprozesse Freiburg, 2013
www.klaus-weinhold.com
Alle Rechte vorbehalten
Hier ist etwas Grundlegendes geschehen: Das Instrument, das Handwerk (die Orgel) und die Werke (z.B. Bach) sind durch die Digitalisierung in eine völlig neuartige, seit kurzem zugängliche Welt übertragen worden. Vor ca. 4 Jahrhunderten ereignete sich etwas Ähnliches: Aus der Welt der Vokalität entstand das Werk der Pfeifenorgel, die Vokalität verwandelte sich zum Instrumentalen. Es entstanden ganz neuartige, bisher nicht gekannte Möglichkeiten, z.B. Bachs Fugenwerk.
In diesen Stücken sind nun zwei Digitalisierungen verbunden, die Übertragung der Notentexte und die Übertragung der handwerklich greifbaren Orgel in eine digitale. Diese Digitalisierung erlaubt nun ganz tiefgreifende Veränderungen des Materials, des Notentextes und des Pfeifenwerkes. Der Computer arbeitet nicht nach den Fähigkeiten der Hände und Füße noch nach den Konzepten des menschlichen Vorstellungsvermögens im Rahmen gegebener geschichtlicher Möglichkeiten, er ermöglicht in sog. Algorithmen eine völlige Mutation der Texte (Noten) und des übertragenen, konkreten Pfeifenmaterials (Register).
Die Ergebnisse sind computergerecht und mögen vielfach befremden, das sollen sie, zeigen, welche Möglichkeiten in der digitalen, virtuellen Welt heute gegeben sind. Man kann sagen, dass die oben erwähnte Instrumentalisierung des Vokalen schon eine Übertragung in eine virtuelle Welt war. Die neue Virtualität geht nur noch viele Schritte weiter. Letztlich sind nicht nur die Orgel sondern auch die Werke und der gegebene Raum eine durchaus dem Menschen angemessene Virtualität. Die digitale Virtualität jedoch greift tiefer, sie überwindet den Menschen und führt in gewisser Weise zur Natur der Dinge zurück.
Die Improvisationen, Registervorführungen wenden sich zurück zu den menschlichen spielerischen Fähigkeiten eines Spielers, auch hier geprägt durch Einflüsse einer Dekonstruktion des Materials: Instabilität und andersartige Algorithmen.
Klaus Weinhold
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